Für eine grundlegende Erklärung zur MWST-Pflicht für Einzelfirmen und wie die MWST-Abrechnung funktioniert (und insbesondere warum die Saldosteuersatz-Methode für die meisten Einzelfirmen die beste Wahl ist), habe ich hier einen ausführlichen separaten Artikel: MWST-Pflicht: Bin ich als Selbständiger / Einzelfirma mehrwertsteuerpflichtig?
Sie sind bereit für die MWST-Abrechnung mit Saldosteuersatz? Dann folgt hier die Schritt für Schritt Anleitung dazu:
Schritt #1: Anmeldung für die MWST-Abrechnung
Sie haben die 100’000.- Umsatz pro Jahr überschritten (oder möchten die MWST-Abrechnung freiwillig beantragen)?
Dann können Sie die Anmeldung für die MWST-Abrechnung hier bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) machen.
Wichtig: Wenn Sie eine einfache Buchhaltung mit dem Milchbüechli machen, müssen Sie bei der Anmeldung explizit die Abrechnung per Saldosteuersatz und nach vereinnahmtem Entgelt beantragen.
Hier ist der Unterschied der MWST-Abrechnung nach vereinnahmtem oder vereinbartem Entgelt beschrieben.
Schritt #2: Praxisbeispiel für die halbjährliche MWST-Abrechnung mit Saldosteuersatz
Wie es die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hier auf ihrer Website in einem Beispiel beschreibt:
Ein Architekt, dem die ESTV den Saldosteuersatz von 5,9 % bewilligt hat, vereinnahmt während eines Semesters 400’000 Franken inkl. MWST. Er deklariert in der Abrechnung den Umsatz von 400’000 Franken und multipliziert ihn mit dem Saldosteuersatz von 5,9 %, was eine geschuldete Steuer von 23’600 Franken ergibt.
Es sind keine weiteren Rechenoperationen notwendig; die Ermittlung der Vorsteuer entfällt. In den Rechnungen weist der Architekt nicht den Saldosteuersatz, sondern den gesetzlichen Steuersatz von 7,7 % aus.
Ganz so einfach ist es in der Praxis in den allermeisten Fällen dann aber leider doch nicht.
Schauen wir uns doch einmal ein Beispiel vom offiziellen Formular der Eidgenössischen Steuerverwaltung für die MWST-Abrechnung per Saldosteuersatz an:
Weit entfernt von “es braucht lediglich den totalen Umsatz”.
Aber immerhin:
Was auf den ersten Blick vielleicht ziemlich umfangreich und kompliziert aussieht, lässt sich für die allermeisten Selbständigen schlussendlich auf 3 relevante Bereiche bzw. Beträge reduzieren:
Das wären diese 3 (im Screenshot oben rot umrahmt):
- “Entgelte”: Also der gesamte Umsatz für die Steuerperiode (das ist der einfache Teil).
- “Abzüge”: Das sind Umsätze, die aus verschiedenen Gründen von der MWST befreit/ausgenommen sind (also für die Sie doch keine MWST bezahlen müssen).
- “Bezugsteuer”: Aus dem Ausland bezogene Leistungen, für die Sie zusätzlich die MWST bezahlen müssen.
Hinweis: Auf die folgenden beiden Punkte im Formular gehe ich nicht weiter ein, da diese für die meisten Selbständigen / Einzelfirmen schlicht nicht relevant sind (bzw. wenn diese für Sie relevant sind, ist es wahrscheinlich empfehlenswert, mit einem Treuhänder/Steuerexperten zusammenzuarbeiten):
- “Steueranrechnung”: Das ist für 2 Fälle relevant:
- Beim Export von Waren ins Ausland.
- Wenn Leistungen an von der MWST begünstigte Institutionen erbracht werden.
- “Andere Mittelflüsse”: Wie im Bild oben ersichtlich, für besondere Fälle wie z.B. Subventionen, Spenden oder Dividenden.
Also, wir haben 2 Spezialfälle (“Abzüge” und “Bezugsteuer”) bei der MWST-Abrechnung per Saldosteuersatz, welche für die meisten Selbständigen / Einzelfirmen relevant sind.
Für beide dieser Spezialfälle habe ich jeweils eine separate, detaillierte Erklärung gemacht:
- “Abzüge”: MWST-Abzüge: Von der Mehrwertsteuer befreite / ausgenommene Leistungen
- “Bezugsteuer”: Die Bezugsteuer bei der MWST-Abrechnung (speziell per Saldosteuersatz)
Diese beiden Spezialfälle machen die ganze MWST-Abrechnung zwar etwas aufwändiger, sollten aber für die meisten Einzelfirmen problemlos zu bewältigen sein, sobald man diese einmal verstanden hat.
Schauen wir uns als Nächstes an, wie die MWST-Abrechnung per Saldosteuersatz im Milchbüechli gemacht werden kann:
Schritt #3: MWST-Abrechnung mit Saldosteuersatz im Milchbüechli
Zuerst einmal müssen Sie die MWST-Abrechnung mit Saldosteuersatz im Milchbüechli unter “Mein Konto” aktivieren und den Ihnen von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) bewilligten Saldosteuersatz hinterlegen:
Ab sofort haben Sie bei den Einnahmen die Möglichkeit, diese als von der MWST befreit/ausgenommen zu markieren (und wenn die Einnahme nicht von der MWST befreit/ausgenommen ist, dann natürlich entsprechend einfach keine der 3 Optionen markieren):
Und entsprechend dazu können Sie Ausgaben als “Bezugsteuer relevant” markieren.
Zur Erinnerung:
Wann Einnahmen von der MWST befreit/ausgenommen sind bzw. Ausgaben Bezugsteuer relevant sind, ist in diesen Artikeln ausführlich erklärt:
- Einnahmen (“Abzüge”): MWST-Abzüge: Von der Mehrwertsteuer befreite / ausgenommene Leistungen
- Ausgaben (“Bezugsteuer”): Die Bezugsteuer bei der MWST-Abrechnung (speziell per Saldosteuersatz)
Wenn Sie das gemacht haben, ist die halbjährliche MWST-Abrechnung ein Kinderspiel:
Sie erhalten im Milchbüechli unter “MWST Abrechnung” mit einem Klick alle benötigten Zahlen, die Sie nur noch im MWST-Formular eingeben müssen.
Das Milchbüechli macht es Ihnen dabei besonders einfach:
Sie müssen nur die im Milchbüechli fett markierten Beträge im MWST-Formular eintragen, die restlichen Zahlen sind lediglich als Info bzw. für Sie zur Kontrolle (und werden im MWST Formular automatisch berechnet/ausgefüllt).
Hier ein komplettes Beispiel, wie es im Milchbüechli aussieht:
Schritt #4: Die bezahlte MWST als Ausgabe im Milchbüechli erfassen
Die bezahlte MWST können Sie dann natürlich wieder im Milchbüechli normal als Ausgabe erfassen (unter “Alle übrigen Geschäftsaufwände”):
Marco Rieser meint
Hi Michael
Zwei Fragen:
Wenn ich eine Einnahme erfasse, dann den Gesamtbetrag (inkl. MwSt.) ins Betragsfeld eintragen, korrekt?
Wenn ich in einer Rechnung (Einnahme) einen Kostenpunkt habe (z.B. eine Applikationslizenz), für die ich aber keine MwSt. bezahlen muss, wie erfasse ich dann den Betrag?
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Marco,
Genau, immer den effektiven Gesamtbetrag eintragen.
Ob Du MWST bezahlt hast oder nicht, ist für Deine Rechnung irrelevant. Sprich Du verrechnest die MWST (ausser die Leistung ist befreit, siehe hier: https://milchbueechli.ch/mehrwertsteuer-befreite-ausgenommene-leistungen/).
Aber wenn Du keine MWST bezahlt hast, denke an die Bezugsteuer: https://milchbueechli.ch/bezugsteuer-mwst-abrechnung/
Beste Grüsse,
Michael
Mohammad Alghrawe meint
Guten Tag,
Ich hab dieses Jahr ein Einzelfirma gegründet und mich bei MWST angemeldet und noch nicht 100,000 überschritten. ( falsche Beratung) ich wüsste das zu spät und könnte mich nicht mehr abmelden. Gibts es eine Lösung?
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Herr Alghrawe,
Ich weiss nicht ob und wie eine Anmeldung rückgängig gemacht werden kann, das muss schon die Eidgenössischen Steuerverwaltung sagen. Ansonsten halt gar normal für das nächste Jahr regulär wieder abmelden.
Beste Grüsse,
Michael Brütsch
Bajraktari meint
Guten Tag
Habe erst jetzt nach dem Jahresabschluss bemerkt, dass ich CHF100‘000 überschritten habe für das Jahr 2023. Gibt es eine Frist für die Anmeldung und muss ich jetzt für 2023 nachzahlen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Bajraktari,
Ich wüsste von keiner Frist, aber natürlich so schnell wie möglich machen, da Du ja die Rechnungen im neuen Jahr dann inklusive MWST ausstellen musst. Ansonsten ist es hier genau erklärt: https://milchbueechli.ch/was-passiert-wenn-ich-die-100000-umsatz-ueberschreite/
Beste Grüsse,
Michael
Didier Julier meint
Guten Tag
Ich habe 2 Spezial Sätze ,einen für Restauration den anderen für Beherbergung. Muss ich zwei Milchbüechli Konten eröffnen ?
Danke für Ihre Info.
Carmen
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Carmen,
Mehr als ein Saldosteuersatz kann im Milchbüechli aktuell nicht hinterlegt werden. Sprich Du müsstest den “Steuerbarer Gesamtumsatz” von Hand in “Leistungen 1. Satz” und “Leistungen 2. Satz” aufteilen (was wahrscheinlich nicht so einfach ist bzw. eben das Milchbüechli dabei nicht wirklich eine Hilfe wäre).
Beste Grüsse,
Michael
Mechthild Langhainzl meint
Hallo Herr Brütsch,
Danke für die vielen Infos, jetzt bin ich schon etwas schlauer geworden, ich habe 2023 die 100.000 CHF Umsatz überschritten und werde mich nun anmelden.
Da ich meine Umsätze zu 90% oder teilweise auch zu 100% im Ausland erwirtschafte (Trainerin/ Coach), sind ja meine Leistungen weiterhin von der MwSt. befreit.
Jetzt meine Frage, meiner Meinung nach macht ja dann die vereinfachte (Saldosteuersatz) ja dann keinen Sinn, oder?
Herzliche Grüße Mechthild Langhainzl
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Frau Langhainzl,
Also Ja, grundsätzlich wäre die effektive Abrechnung in diesem Fall wahrscheinlich schon günstiger. Wobei halt die Frage ist, wie viel es finanziell effektiv ausmacht (und ob sich der Mehraufwand dafür lohnt). Das müsste man mal durchrechnen und kann ich so natürlich nicht definitiv beurteilen.
Beste Grüsse,
Michael Brütsch
Tk meint
Guten Tag. Vielen Dank für diese sehr spannende und nützliche Seite und alles. Eine Frage: Haben Sie bereita Erfahrung gemacht mit Milchbüächli und effektiver MWST (vereinnahmt) bzw. ist das einfach handelbar?
Vielen Dank und beste Grüsse,
tk
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Nein, für die effektive MWST-Abrechnung ist das Milchbüechli nicht gemacht und würde ich es nicht einsetzen.
Beste Grüsse,
Michael
Katja Mischler meint
Guten Tag
Ich bin seit Jahren selbstständige Architektin und überschreite dieses Jahr (2023) das erste und vermutlich auch einzige Mal die CHF 100’000 Umsatzgrenze. Laut Ihrem Artikel muss ich mich also im 2024 anmelden, aber fürs 2023 nicht nachbezahlen? Da der Umsatz im 2024 wieder unter CHF 100’000 fallen wird, soll ich mich wieder abmelden? Wann? Oder gar nicht anmelden weil es ein einmaliger “Ausreisser” ist? Vielen Dank für Ihre geschätzte Antwort!
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Frau Mischler,
Genau, Sie müssen sich jetzt für das nächste Jahr anmelden (und für dieses Jahr nicht die MWST nachzahlen).
Wenn Sie nächstes Jahr tatsächlich wieder unter 100’000.- Umsatz sind, müssen Sie sich dann wieder aktiv abmelden (das muss dann relativ schnell bis Ende Februar des Folgejahres gemacht werden, ist hier etwas ausführlicher beschrieben: https://milchbueechli.ch/was-passiert-wenn-ich-die-100000-umsatz-ueberschreite/ ).
Beste Grüsse,
Michael Brütsch