Die 100’000.- Umsatz pro Jahr sind für Selbständige nicht nur aus Geschäftssicht ein Erfolg und Meilenstein.
An der Buchführungspflicht ändert sich zwar nichts:
Als Einzelunternehmen haben Sie bis 500’000.- Umsatz pro Jahr die genau gleichen Anforderungen wie bisher zu erfüllen (sprich, Sie können Ihre Buchhaltung grundsätzlich weiterhin mit der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung führen)
Was sich aber ändert, ist dass Sie mehrwertsteuerpflichtig werden.
Und die MWST-Abrechnung hat natürlich einen grossen Einfluss auf die Buchhaltung.
Deshalb stellt sich natürlich eine wichtige Frage für Selbständige:
Was passiert, wenn ich die 100’000.- Umsatz überschreite?
Wenn Sie im aktuellen Geschäftsjahr die 100’000.- Umsatz überschreiten, müssen Sie sich erst für das darauffolgende Jahr für die MWST-Abrechnung anmelden.
Sie müssen also nicht nachträglich für das laufende Geschäftsjahr die MWST nachzahlen (was übrigens äusserst unangenehm wäre, weil Sie bei allen Ihren Kunden nachträglich die MWST einfordern müssten – oder selbst auf den Kosten sitzen bleiben!).
Wichtig: Es gibt eine Ausnahmeregel dafür:
Die Ausnahmeregel gilt bei folgenden 2 Situationen:
- Der Firmengründung.
- Einer Tätigkeitserweiterung: Sprich Sie übernehmen ein anderes Unternehmen, eröffnen eine neue Filiale oder bieten neue Dienstleistungen in einer anderen Branche an.
In diesen beiden Fällen müssen Sie sofort (also z.B. am Tag der Gründung) sowie noch einmal 3 Monate später abschätzen bzw. hochrechnen, ob Sie die 100’000.- Umsatz überschreiten werden (ob Sie also in diesen 3 Monaten nach der Gründung bzw. Tätigkeitserweiterung die 25’000.- Umsatz überschritten haben).
Diese Ausnahmeregel macht das Ganze sehr mühsam:
Die Firmengründung ist weniger das Problem. Die wenigsten Selbständigen werden in den ersten 3 Monaten nach Gründung direkt 25’000.- Umsatz erreichen. Aber auch als Selbständiger kann es natürlich sein, dass Sie Ihre Tätigkeit ausweiten (z.B. betreiben Sie einen Online Shop und fangen dann an, persönliche Beratungen anzubieten).
Und wenn Sie dank dieser zusätzlichen Tätigkeit innerhalb 3 Monaten insgesamt über 25’000.- Umsatz erzielen, werden Sie sofort MWST-pflichtig (anstatt erst für das nächste Geschäftsjahr). Obwohl Sie vielleicht die letzten 3 Jahre immer unter 100’000.- Umsatz blieben.
Hier die Ausnahmeregel anhand einem Flussdiagramm von der Eidgenössischen Steuerverwaltung erklärt (warum einfach, wenn es mit Ausnahmeregeln auch kompliziert geht):
Was passiert, wenn ich die 100’000.- wieder unterschreite?
Wenn Sie in einem Jahr wieder unter 100’000.- Umsatz haben, können Sie sich wieder freiwillig abmelden.
Wichtig: Die Abmeldung muss proaktiv und relativ schnell gemacht werden. Nach Jahresende hat man nur bis spätestens Ende Februar des Folgejahres Zeit, sich wieder abzumelden. Anstonsten geht die Eidgenössische Steuerverwaltung davon aus, dass man weiterhin freiwillig die MWST abrechnen möchte.
Hier finden Sie die verschiedenen Links/Formulare für die MWST-Abmeldung (Abmeldungsgrund: „Bedingungen der Steuerpflicht nicht mehr erfüllt (Umsatzgrenze unterschritten)“).
Die 100’000.- Umsatzgrenze und von der Mehrwertsteuer befreite / ausgenommene Leistungen
Gewisse Dienstleistungen (z.B. “Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin” oder “Bildungs- und Erziehungsleistungen”) sind komplett von der MWST befreit bzw. ausgenommen.
Umsatz der von der MWST ausgenommen ist, zählt nicht zu dieser Umsatzgrenze.
Simples Beispiel: Jemand der total 120’000.- Umsatz gemacht hat, davon aber 50’000.- von der MWST ausgenommene Leistungen waren, wird nicht obligatorisch mehrwertsteuerpflichtig.
MWST-Abrechnung mit dem Milchbüechli?
Das Milchbüechli hilft Ihnen, die MWST-Abrechnung per Saldosteuersatz zu machen. In diesem Artikel ist es ausführlich beschrieben: Praxisbeispiel: MWST-Abrechnung mit Saldosteuersatz nach vereinnahmtem Entgelt im Milchbüechli
Laurent meint
Wie sieht es mit der Mehrwertsteuerpflicht in der folgenden Situation aus:
Gegründet Einzelfirma im 2018 als Nebenerwerb
Ab 2024 Selbsständig mit der Einzelfirma, geschätztes Nettoeinkommen im 2024: 30’000
Als Dozent im 2024 tätig im Nebenerwerb, Einkommen CHF 20’000
Tätigkeit als Freelancer im 2024: Einkommen CHF 70’000
Richtig – Keine MWST-Pflicht? Oder wenn denn ab dem 2025?
Viele Grüsse
L.
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Laurent,
Schwierig zu beurteilen, aber die zentrale Frage ist wohl, warum Du “Selbständig mit Einzelfirma” und “Tätigkeit als Freelancer” separat zählst. Gut möglich dass das zusammen gehört, siehe hier: https://milchbueechli.ch/freelancer-freischaffender-freiberufler-oder-einzelfirma/
Beste Grüsse,
Michael
Nadine meint
Hallo Michael
Ich Unterrichte seit 15 Jahren Yoga und seit 5 Jahren arbeite ich auch mit Yogatherapie, die ich teilweise über die KK abrechnen kann. Dieses Jahr werde ich zum ersten Mal über 100’000 gelangen. Aber nur zusammen mit beiden “Disziplinen”. Ist das nun in Bezug der MWST relevant? Medizinische Dienstleistung? Mit den Yoga Kursen bin ich knapp unter 100’000 zusammen mit der Therapie dann aber deutlich drüber. Werde ich nun MWST pflichtig? Und hab ich das richtig verstanden, ich müsste mich anmelden für’s 2024 bezahle aber nicht rückwirkend für 2023?
Wenn der Umsatz wieder unter 100’000.– fällt, bezahlt man dann in diesem Jahr trotzdem MWSt (quasi als Wiedergutmachung für die nicht bezahlte MWST im ersten Jahr über 100’000.–) oder ist man sofort wieder befreit?
Vielen Dank für deine Auskunft.
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Nadine,
Da bin ich nicht sicher, ob für die 100’000.- Umsatz nur der mehrwertsteuerbefreite Umsatz relevant ist. Ich hätte jetzt gesagt, dass der gesamte Umsatz relevant ist (wie auch der gesamte Umsatz weltweit relevant ist, nicht nur der in der Schweiz gemachte Umsatz). Aber am besten fragst Du das direkt einmal bei der Eidgenössische Steuerverwaltung nach, um eine verbindliche Antwort zu erhalten. Und gib gerne nochmals Bescheid, was die Antwort war 🙂
UPDATE (Dank Rückmeldung von Nadine): Es ist der gesamte Umsatz massgebend, ausser man hätte für die therapeutische Tätigkeit eine kantonale Berufsausübungs-Bewilligung (“nur” eine Krankenkassen-Anerkennung reicht leider nicht aus).
Wenn Du wieder unter den 100’000.- Umsatz bist, kannst Du Dich freiwillig wieder abmelden (muss also aktiv selber gemacht werden).
Beste Grüsse,
Michael
Jürg meint
Hallo Michael
Danke für die tolle Plattform: Frage zur MwSt: Ich habe gehört, dass ich nach den ersten 3 Monaten schauen muss, was ich für einen Umsatz gemacht habe und diesen dann x12 rechnen um zu sehen, ob ich per Ende Jahr die 100’000 überschreite, sprich pflichtig werde. In meinem Bsp. habe ich im Mai die Firma gegründet und bin bis Ende Juli bei knapp 10’000 Franken Gesamtumsatz. Muss ich diesen jetzt mal 4 rechnen, weil ja 3 Monate rum sind, oder mal 12, um zu schauen ob ich pflichtig werde? Herzlichen Dank und beste Grüsse
Jürg
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Jürg,
Du rechnest es mal 4. Also Du müsstest in 3 Monaten >25’000.- Umsatz gemacht haben. Und das mal 4 würde eben mehr als 100’000.- ergeben, womit man MWST-pflichtig wird.
Beste Grüsse,
Michael
Isler meint
Guten Tag Herr Brütsch,
Erstmals vielen herzlichen Dank für diese hervorragende Plattform, und für die FAQ, die mir schon sehr viele Fragen beantwortet haben. Nun bin ich jedoch in einer speziellen Situation, für die ich keine direkte Antwort finde im Internet, nicht einmal hier. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen?
Ich habe letztes Jahr die 100’000 überschritten, jedoch sind dies Leistungen im Ausland, was mich für diese Leistungen befreit von der MwSt. Nun habe ich einen neuen Kunden gewonnen in der Schweiz, doch die Einnahmen für diesen Kunden alleine werden in diesem Jahr weit unter 100’000 liegen. Muss ich diesem Kunden jedoch die MwSt verrechnen, weil ich mit den Leistungen im Ausland über 100’000 komme? Oder zählen für die 100’000 nur “die der MwSt unterliegenden Leistungen”?
Vielen Dank, wenn Sie mir hier weiterhelfen können.
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Herr Isler,
Ich würde sagen Ja, Sie müssen sich anmelden, unabhängig davon wo der Umsatz gemacht wurde. Bei der MWST-Abrechnung können Sie dann ja alle ausländischen bzw. von der MWST-befreiten Umsätze wieder abziehen.
Aber so oder so sollten Sie am besten einfach einmal direkt bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung nachfragen, um sicher zu sein.
Beste Grüsse,
Michael Brütsch
Fiona Inauen meint
Hallo Michael
Meine Einnahmen sind dieses Jahr knapp über den 100000. Da ich nächstes Jahr weniger arbeiten werde und mit Sicherheit nicht über die 100000 kommen werde, ist nun meine Frage, ob ich dennoch verpflichtet bin, dies zu melden. Und ob ich dann automatisch für nächstes Jahr mehrwertsteuerpflichtig bin?
Vielen Dank für deine Hilfe.
Liebe Grüsse
Fiona
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Fiona,
Ja, musst Du. Und wenn Du dann wieder unter 100’000.- Umsatz bist, musst Du Dich wieder aktiv abmelden.
Beste Grüsse,
Michael
Aebi meint
Grüezi Herr Brütsch
Ein Geschäft möchte meine Artikel verkaufen, pro verkaufter Artikel erhalte ich eine vereinbarten Prozentsatz als “Provision”, monatlich gutgeschrieben. Ich bin ein Einzelunternehmen und nicht MwSt-pflichtig. Kann mir das Geschäft zusätzlich die Mehrwertsteuer abziehen? Wie muss ich dies im Vertrag betiteln, damit es für beide Seiten klar ist, dass der Prozentsatz ohne die Mehrwertsteuer ist.
Herzlichen Dank für Ihre Antwort!
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Frau Aebi,
Soweit ich sehe dürfte das gar kein Problem sein: Das Geschäft bezahlt Ihnen einfach einen Betrag X, ob Sie dann darauf die MWST bezahlen oder nicht, dürfte dem Geschäft egal sein.
Beste Grüsse,
Michael Brütsch
Joel Hug meint
Bedeutet also wenn ich jetzt ( Juni )100.000 Umsatz erreiche dann eine Einzelfirma ins Handelsregister eintragen lasse und noch 25.000 Umsatz mache in diesem Jahr bin ich für diesen Teil MWST Pflicht noch im 2021
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Joel,
Nein, das ist grundsätzlich nicht vom Handelsregistereintrag abhängig. Die Gründung der Einzelfirma passiert nicht erst mit dem Handelsregisteintrag: https://milchbueechli.ch/freelancer-freischaffender-freiberufler-oder-einzelfirma/
Ich bin jetzt nicht ganz sicher wie Deine Situation aussieht. Aber im Prinzip: Wenn Du jetzt dieses Jahr zum ersten Mal über den 100’000.- bist, musst Du Dich für das nächste Jahr für die MWST-Abrechnung anmelden.
Im Zweifelsfall solltest Du das aber direkt mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung besprechen und klären.
Beste Grüsse,
Michael
Beat Bommeli meint
Kann ich die als nicht MWST pflichtiges Unernehmen auf auf sehr grosse Anschaffungen bezahlte MWST zu einem späteren Zeitpunkt (in dem Geschäftsjahr wo ich Mehrwertsteuerpflichtig werde) verrechnen?
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Beat,
Nein, soweit ich weiss ist das nicht möglich. Wenn man weiss, man hat grössere Investitionen, dann muss man sich vorher anmelden (und gleichzeitig die effektive Abrechnung machen, nicht mit Saldosteuersatz, das wäre in diesem Fall wieder kontraproduktiv).
Beste Grüsse,
Michael
Björn Brezger meint
Soweit ich weiss, geht das zumindest teilweise (mit speziellen Abschreibungsregeln). Das Stichwort hierfür ist “Einlageentsteuerung” und der Gesetzesartikel
https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2009/615/de#art_32
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Björn,
Vielen Dank für die Anmerkung, gut zu wissen!
Beste Grüsse,
Michael
lisa Hösli meint
Grüäzi
wir übernehmen per März 2020 eine SAC Hütte. Wir wissen, dass unsere Vorgängerin Mwst.-pflichtig war und der Umsatz sich über 100’000 Franken sein wird. Müssen wir uns jetzt schon bei der Mwst anmelden? Oder sollen wir jetzt mal das erste Jahr vorüber gehen lassen und uns dann erst im zweiten Jahr bei der Eidg. Steuerverwaltung melden.
Wie ist das dann, wenn man das erste Jahr nicht Mwst. abrechnet, muss man dann z.B wenn wir aufhören auf der Hütte, nachdem wir z.B 5 Jahre Mwst. bezahlt haben, irgendwie dieses Jahr mit ohne Mwst-abrechnung nachbezahlen?? Besten Dank für Ihre Info. Freundliche Grüsse Lisa Hösli
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Frau Hösli,
Ich weiss nicht, wie das im Fall einer Geschäftsübergabe abläuft. Aber ich bin ziemlich sicher, dass die MWST-Pflicht grundsätzlich weiterhin gilt. Wahrscheinlich müssen Sie sich aber nicht neu anmelden. Aber wie gesagt, wie das organisatorisch genau abläuft, weiss ich nicht. Da würde ich direkt einmal bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung nachfragen.
MWST nachzahlen müssten Sie nur, wenn Sie MWST-pflichtig waren, sich aber nicht angemeldet haben. Also z.B. wenn Sie im 2018 über 100’000.- Umsatz hatten, sich aber für das 2019 nicht angemeldet haben, dann müssen Sie für das 2019 nachzahlen, sobald das herauskommt.
Beste Grüsse,
Michael Brütsch
Haug meint
grüezi, ich überschreite dieses jahr das 1. mal 100000 franken umsatz, ab nächstem jahr
altershalber nur noch ca 60000 fr. muss ich mich jetzt drotzdem anmelden?
beste grüsse
ch.haug
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Herr Haug,
Ja, wenn Sie jetzt im 2019 die Umsatzgrenze überschreiten, müssen Sie sich für das nächste Jahr anmelden.
Und wenn Sie dann 2020 wieder unter 100’000.- Umsatz haben, müssen Sie sich wieder aktiv abmelden. Das würde ich dann ca. im 4. Quartal 2020 machen, wenn Sie tatsächlich sehen, dass Sie darunter bleiben (oder im Zweifelsfall direkt bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung nachfragen, ob und wie viel früher das gemacht werden kann, wenn Sie jetzt schon sicher sind bezüglich Umsatz 2020).
Hier finden Sie die verschiedenen Links für die Abmeldung, je nach Abmeldungsgrund: https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/mehrwertsteuer/dienstleistungen/formulare-online/loeschung.html
Und dort wäre Ihr Grund “Bedingungen der Steuerpflicht nicht mehr erfüllt (Umsatzgrenze unterschritten)”, also dieses Formular: https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/mehrwertsteuer/dienstleistungen/formulare-online/loeschung/unterschreitung_umsatzgrenze.html
Beste Grüsse,
Michael Brütsch