Als Selbständiger Einzelkämpfer müssen Sie damit rechnen, dass früher oder später einmal ein Kunde seine Rechnung nicht bezahlt.
Dann stellt sich die Frage: Betreiben oder nicht? Wie läuft das Ganze ab? Und vor allem: Lohnt sich das bzw. wie sehen die Chancen aus?
Nachdem ich jetzt die 3. Betreibung (mehr oder weniger) erfolgreich abgeschlossen habe, teile ich in diesem Artikel gerne was ich gelernt habe.
Zuerst einmal:
Wann dürfen Sie eine Betreibung einleiten?
Wenn Sie auf Ihrer Rechnung einen Zahlungstermin haben, dann ist rechtlich gesehen weder eine Zahlungserinnerung noch Mahnung nötig, und Sie könnten nach Ablauf der Frist ohne Vorwarnung direkt die Betreibung einleiten.
Es sind nicht wie häufig angenommen erst 3 Mahnungen oder eine explizite Androhung der Betreibung nötig.
Das ist aber in den allermeisten Fällen natürlich nicht empfehlenswert.
Üblich und empfehlenswert ist in der Schweiz das folgende Vorgehen:
- Eine (freundliche) Zahlungserinnerung: Schliesslich kann jedem einmal eine Rechnung untergehen.
- Erste Mahnung: Mit etwas ernsterem Ton nochmals auf die offene Rechnung hinweisen und eine klare (üblicherweise 10-tägige) Zahlungsfrist setzen.
- Zweite und letzte Mahnung (mit Androhung der Betreibung), ebenfalls nochmals mit einer z.B. 10-tägigen Zahlungsfrist.
Schlussendlich müssen Sie anhand der Antworten des Kunden (oder eben allenfalls fehlender Antworten) abschätzen, ob Sie vom Kunden noch realistisch eine Zahlung erwarten können.
Betreibung beim Betreibungsamt einleiten
Die Betreibung müssen Sie beim Betreibungsamt des Geschäftssitzes des Kunden einreichen.
Das ist relativ simpel mit einem Standardformular erledigt. Eine Betreibung kostet je nach Höhe der Forderung üblicherweise zwischen CHF 50.- bis 100.- (die Sie zwar vorab bezahlen müssen, aber grundsätzlich auf die Schuld von Ihrem Kunden dazugerechnet werden).
Sie müssen für die Betreibung keinerlei Beweismittel beilegen.
Sobald Sie die Betreibung eingeleitet haben, stellt das Betreibungsamt dem Schuldner den sogenannten Zahlungsbefehl zu.
Bevor Sie die Betreibung einleiten mein persönlicher Rat:
Leiten Sie die Betreibung nur dann ein, wenn Sie auch tatsächlich bereit sind die Sache durchzuziehen, sprich bis vor den Friedensrichter zu gehen.
Ansonsten haben Sie nur weiteren Aufwand und Kosten, mit geringer Chance Ihr Geld zu sehen. Denn genau so einfach wie eine Betreibung eingeleitet werden kann, ist eine Betreibung vom Schuldner gestoppt:
Der Rechtsvorschlag
Wenn Sie die Betreibung einleiten müssen Sie damit rechnen, dass der Schuldner bei Erhalt des Zahlungsbefehls Rechtsvorschlag erhebt und damit die Schuld bestreitet.
Falls der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhebt, dann ist die gute Nachricht, dass er die Schuld offiziell anerkennt. In diesem Fall können Sie beim Betreibungsamt das Fortsetzungsbegehren stellen. Die schlechte Nachricht für Sie ist aber, dass der Schuldner in diesem Fall höchstwahrscheinlich vor dem Konkurs steht und Sie Ihr Geld sowieso nicht mehr sehen werden (das ist mir bei der ersten Betreibung passiert – trotzdem sollten Sie natürlich das Fortsetzungsbegehren stellen, damit Sie ev. via Konkursmasse zumindest einen Teil Ihrer Forderung noch erhalten).
Üblicherweise wird der Schuldner aber Rechtsvorschlag erheben (Sie erhalten eine Kopie des Zahlungsbefehls, auf dem Sie sehen, ob der Schuldner Rechtsvorschlag erhoben hat).
Jetzt wichtig:
Damit ist die Betreibung vorerst gestoppt und das Betreibungsamt ist nicht weiter zuständig. Das heisst, Sie können nicht einfach beim Betreibungsamt das Fortsetzungsbegehren stellen.
Der nächste Schritt ist der Friedensrichter.
Dafür haben Sie ein Jahr Zeit:
Schlichtungsgesuch beim Friedensrichter (bzw. Rechtsöffnungsverfahren beim Bezirksgericht)
Jetzt gibt es grundsätzlich 2 Wege, wie es weitergehen kann:
- Rechtsöffnungsverfahren: Wenn Sie eine handschriftlich unterschriebene Schuldanerkennung (also z.B. einen Kaufvertrag) haben, dann können Sie beim Bezirksgericht des Betreibungsorts ein Rechtsöffnungsbegehren stellen.
- Anerkennungsklage: Haben Sie keine handschriftlich unterschriebene Schuldanerkennung, dann müssen Sie beim Friedensrichteramt ein Schlichtungsgesuch stellen.
Üblich dürfte also in den meisten Fällen die Anerkennungsklage und entsprechend der Weg zum Friedensrichter sein.
Wie ich schon erwähnt habe, sollten Sie die Betreibung nur dann einleiten, wenn Sie bereit sind vor den Friedensrichter zu gehen. Ansonsten wird der Schuldner jetzt nämlich einfach darauf hoffen, dass Sie die Sache auf sich beruhen lassen.
Darum gibt es jetzt keinen Grund zu warten und Sie sollten sofort nach dem Rechtsvorschlag das Schlichtungsgesuch beim zuständigen Friedensrichteramt stellen.
Auch hier: Für das Schlichtungsgesuch können Sie einfach das entsprechende Formular ausfüllen, müssen jetzt aber entsprechende Unterlagen (Rechnung und Zahlungsbefehl) und Beweismittel (das wird höchstwahrscheinlich der E-Mail-Verkehr mit dem Kunden sein) ausgedruckt im Doppel zusammen mit dem Formular einsenden.
Als nächstes erhalten Sie vom Friedensrichter eine Rechnung über die voraussichtlichen Verfahrenskosten (ca. CHF 300.-).
Bezahlen Sie diese Rechnung möglichst schnell, damit dann im nächsten Schritt der Friedensrichter einen Termin für die Schlichtungsverhandlung ansetzt.
Tipp: Wahrscheinlich haben Sie keine Lust beim Friedensrichter anzutraben (vor allem wenn dieser etwas weiter weg von Ihnen ist).
Es besteht aber noch die Chance, dass der Schuldner die Rechnung vor dem Termin noch bezahlt, damit er nicht zur Schlichtungsverhandlung kommen muss (in meiner 3. Betreibung hat der Schuldner einen Tag vor der angesetzten Verhandlung die Rechnung bezahlt).
Ansonsten ist der Termin beim Friedensrichter eigentlich relativ entspannt für Sie als Gläubiger (auch wenn die Nerven wahrscheinlich blank liegen). Ein Anwalt ist dafür nicht nötig (aber erlaubt, plus dürfen Sie üblicherweise auch eine Vertrauensperson mitnehmen).
Spätestens beim Friedensrichter sollte der Schuldner dann auch einknicken und sich zur Zahlung Ihrer Rechnung einverstanden erklären (allenfalls in Raten – was das Resultat in meiner 2. Betreibung war).
Bzw. wenn es beim Friedensrichter keine Einigung gibt und das Verfahren vor Gericht weitergezogen werden muss, dann kann ich keine Empfehlung/Einschätzung geben. Dann ist das Einschalten eines Anwalts empfehlenswert.
Aber:
Wenn der Streitwert unter 2000.- liegt, kann der Friedensrichter sowieso abschliessend entscheiden (ist der Gang zum Gericht also entsprechend nie nötig).
Ab wann lohnt sich eine Betreibung, bzw. wann eben nicht?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Es kommt einerseits darauf an, ob Sie die Zeit, Geld und vor allem auch Nerven haben.
Das Ganze Verfahren mit der Betreibung, Rechtsvorschlag, Schlichtungsgesuch bis hin zum Friedensrichtertermin kann sich schnell über 2-3 Monate hinziehen. Plus eben müssen Sie dafür mindestens ungefähr CHF 350.- vorschiessen. Im Extremfall bei einem Konkurs bleiben Sie auf diesen zusätzlichen Kosten sitzen.
Andererseits müssen Sie abschätzen, ob der Schuldner einfach nur knapp bei Kasse ist und sich versucht Zeit zu erkaufen (oder eben sogar darauf hofft, dass gewisse Gläubiger nicht bis vor den Friedensrichter ziehen), oder aber ob er tatsächlich zahlungsunfähig ist und Sie auch mit einer Betreibung nicht mehr an Ihr Geld kommen.
Und denken Sie daran:
Bis 2000.- Streitwert kann der Friedensrichter abschliessend entscheiden (sprich, sind die Kosten und Aufwand bis zu einem definitiven Entscheid für Sie eindeutig abzuschätzen).
Ich persönlich würde darum ab ca. CHF 4-500.- (darunter ist wirklich die Frage, ob sich der Aufwand und Ärger lohnt) aus Prinzip immer die Betreibung einleiten und bis vor den Friedensrichter gehen – auch wenn ich natürlich hoffe, dass es bei “alle guten Dinge sind 3” bleibt und keine 4. Betreibung nötig sein wird 😉
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