Ich habe einige Male Fragen bzw. Andeutungen erhalten, alà “ich bin keine richtige Einzelfirma, sondern einfach selbständig als Freelancer/Freiberufler tätig”.
Das ist so nicht ganz korrekt.
Ich versuche hier darum einige häufige Missverständnisse aufzuklären bzw. die Begrifflichkeiten etwas zu entwirren:
Ganz grundsätzlich: Selbständig Erwerbender oder GmbH/AG?
Die allererste Entscheidung bei der Gründung ist, ob Sie eine Einzelfirma oder eine GmbH/AG gründen (oder allenfalls eine andere Form der Personengesellschaft).
Mit einer Einzelfirma gelten Sie als “Selbständig Erwerbender” (oder eben einfach und kurz gesagt, Sie sind “selbständig”).
Bei einer GmbH oder AG gelten Sie als Angestellter (auch wenn es Ihre eigene GmbH/AG ist und Sie also gleichzeitig der Inhaber sind).
Als Einzelfirma geben Sie darum in der Steuererklärung Ihre “Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit” an.
“Nur” Selbständiger oder Freelancer?
Im Gegensatz zu einer GmbH oder AG ist für eine Einzelfirma kein formeller Gründungsakt nötig. Es müssen auch keine bestimmten gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden (wie z.B. die 20’000.- Mindestkapital für die Gründung einer GmbH).
Das heisst:
Die Firmengründung passiert automatisch, wenn Sie die Geschäftstätigkeit aufgenommen haben.
Jeder, der als Selbständiger (also in eigenem Namen) tätig wird und Aufträge oder Projekte annimmt, gründet also im Prinzip automatisch eine Einzelfirma.
“Freelancer” beschreibt also einfach eine weit verbreitete Art der Zusammenarbeit mit Kunden, nicht eine spezielle Form der Einzelfirma.
Man kann also nicht Selbständiger oder Freelancer ohne eine Firma im Hintergrund sein.
Wenn man sich nicht bewusst für eine andere Gesellschaftsform entscheidet, entscheidet man sich automatisch für die Einzelfirma.
Weitere Gründungsschritte
Zusätzlich zur eigentlichen “rechtlichen” Gründung der Einzelfirma (die, wie Sie ja jetzt wissen, automatisch passiert), gibt es noch weitere Meilensteine auf dem Weg zur Gründung:
Zum Beispiel die AHV Anmeldung, welche bereits ab 2’300.- Gewinn pro Jahr Pflicht ist.
Oder der Handelsregistereintrag, um die Firma “offiziell” zu machen und ihr einen Namen zu geben.
Nur um es nochmals zu verdeutlichen: Das heisst, eine Einzelfirma kann auch ohne Handelsregistereintrag existieren.
Hier habe ich das Vorgehen und einzelnen (Pflicht-)Schritte für die Gründung der Einzelfirma bzw. das “Selbständig machen” genau erklärt.
Der Sonderstatus “Freiberufler” (sogenannte “freie Berufe”)
Der Begriff Freiberufler (also jemand, der einen “freien Beruf” ausübt) sollte nicht mit dem Begriff Freelancer (= “Freischaffender” oder “freier Mitarbeiter”) verwechselt werden.
Hier einige Berufsgruppen, welche als freie Berufe gelten:
Apotheker, Architekten, Ärzte, Ingenieure, Notare, Rechtsanwälte, Revisoren
Ein Freiberufler (z.B. ein Arzt) kann also entweder Selbständig sein (also z.B. eine eigene Praxis haben) oder in einer Praxis angestellt sein.
Wenn ein Freiberufler selbständig tätig wird, muss er sich also grundsätzlich die gleichen Fragen wie jeder Selbständiger stellen (also z.B. bezüglich der Buchführungspflicht und ob er eine Einzelfirma oder GmbH/AG gründen will).
Für die freien Berufe gelten einfach teilweise besondere Anforderungen und Ausnahmen (z.B. müssen sich diese ab 100’000.- Umsatz nicht im Handelsregister eintragen lassen).
Kenny meint
Guten Tag
Aktuell baue ich ein SaaS-Produkt (MVP) und will dies dann veröffentlichen mit Marketing Kampagne etc.
Gelten hierbei die selben gesetzlichen Grundlagen wie sie in einem anderen Artikel beschrieben haben? (https://milchbueechli.ch/selbstaendig-machen-einzelfirma-gruenden/)
Ich verfüge aktuell über keine Firma, d.h. bei Live Schaltung des SaaS (Aufnahme der Tätigkeit) wird implizit eine Einzelfirma gegründet? Und somit kann ich im Impressum ein Firmenname angeben (Nachname + Zusatz)?
Beste Grüsse
Kenny
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Kenny,
Genau, die Art des Geschäfts hat keinen Einfluss auf die Gründung und Firma.
Beste Grüsse,
Michael
Lukas meint
Guten Tag,
tolles Produkt zu einem wichtigen Thema.
Meine Frage dazu.
Ich bin aktuell angestellt und das Unternehmen hat eine eigene Pensionskasse.
Ich würde gerne langsam in die Selbstständigkeit im Nebenerwerb starten, ohne ein grosses Thema bei meinem Arbeitgeber zu machen. Dienstleistungsgewerbe, keine grossen Anschaffungen und Kosten.
Frage 1: Ist die offizielle Gründung einer Einzelfirma nötig oder kann ich einfach starten und am Ende des Jahres meine Einnahmen aus Nebenerwerb beim Finanzamt angeben? Ich werde unter 100000 Umsatz haben.
Frage 2: Erfährt die Pensionskasse von meiner Nebentätigkeit, wenn ich diese Anmelde? Ich würde davon ausgehen, das dann auch meine Abteilung davon erfahren würde.
Grüsse Lukas
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Lukas,
Frage 1: Sobald Du die Tätigkeit aufnimmst, gründest Du die Einzelfirma “automatisch”, siehe hier: https://milchbueechli.ch/selbstaendig-machen-einzelfirma-gruenden/
Frage 2: Nein, Du musst der Pensionskasse ja nichts melden. Auch das SVA/Ausgleichskasse meldet soviel ich weiss nichts. Ich kann zwar keine Garantie geben, aber grundsätzlich sollte der Arbeitgeber nichts davon mitbekommen. Und solange die Arbeit nicht beeinträchtigt wird, könnte der Arbeitgeber übrigens sowieso nichts dagegen machen.
Beste Grüsse,
Michael
Philipp meint
Guten Tag Herr Brütsch
Vielen Dank für die vielen guten Infos, die Sie auf Ihrer Seite haben. Das ist genau das, was ich gesucht habe. Ich habe aber noch eine kleine Frage bezüglich der AHV-Pflicht:
Auf dieser Seite schreiben Sie:
“Zum Beispiel die AHV Anmeldung, welche bereits ab 2’300.- Umsatz pro Jahr Pflicht ist.”
und auf der Seite “Selbständig machen & Einzelfirma gründen” schreiben Sie:
“Selbständig im Nebenerwerb: Pflicht ab 2’300.- Gewinn pro Jahr (= Jahreseinkommen)”
Da ich ebenfalls schon beides gehört habe, frage ich mich, was jetzt genau stimmt. Ist es der Umsatz oder der Gewinn bestimmend, ob man sich für die AHV anmelden muss?
Vielen Dank schon im Voraus für Ihre Antwort und beste Grüsse
Philipp
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Philipp,
Gut gemerkt, es ist Gewinn, auf der anderen Seite hier ist es aktuell und auch ganz genau erklärt (wobei im Zweifelsfall natürlich immer direkt das SVA fragen): https://milchbueechli.ch/selbstaendig-machen-einzelfirma-gruenden/
Beste Grüsse,
Michael
Erduan meint
Grüezi Herr Brütsch
zuerst will ich mich bei Ihnen bedanken für die tolle Informationen, die ich hier finden konnte!
Ich würde gerne wissen, ob es möglich wäre eine Einzelfirma zu „gründen“, um Aufträge anzunehmen und diese von einem Freelancer aus einem anderem Land zu bearbeiten?
Ich frage aus dem Grund, da ich nebenbei mir ein weiteres Einkommen schaffen will, indem ich Aufträgr annehme und diese von einem Freelancer auf Upwork bearbeiten lassen will.
Gruss
Erduan
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Erduan,
Klar, das ist kein Problem. Siehe auch hier speziell die einzelnen Schritte zum Selbständig machen: https://milchbueechli.ch/selbstaendig-machen-einzelfirma-gruenden/
Beste Grüsse,
Michael
Julian meint
Hallo Herr Brütsch
Danke für den informativen Beitrag.
Ich kann nur sehr wenige Informationen zu freiberuflicher Tätigkeit in der Schweiz finden. Sie schreiben “für die freien Berufe gelten einfach teilweise besondere Anforderungen und Ausnahmen” – Welche Anforderungen und Ausnahmen sind das denn, ausser das sie sich nicht in das Handelsregister eintragen müssen?
Ich zweifel daran, dass in der Schweiz der Begriff des Freiberuflers wirklich rechtswirksam definiert ist. In Deutschland zum Beispiel ist ein Freiberufler meines Wissens von der Gewerbesteuer befreit und muss kein Gewerbe anmelden. Werden in der Schweiz Freiberufler anders besteuert als andere selbständig Erwerbende?
Grüsse,
Julian
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Hallo Julian,
Die meisten dieser Berufe erfordern z.B. eine staatlich anerkannte Ausbildung. Für detaillierte Infos ist das hier aber die falsche Anlaufstelle. Das Milchbüechli ist ein Tool für die einfache Buchhaltung für Selbständige/Einzelfirmen. Die meisten dieser freien Berufe werden von den Anforderungen und Grösse her eine GmbH/AG sein und eine doppelte Buchhaltung brauchen. Und auch wenn ich kein Steuerexperte bin: Freiberufler sollten grundsätzlich genau gleich besteuert werden.
Beste Grüsse,
Michael
Katja Thomma meint
Guten Tag,
Ich habe ein Problem mit meinen Rechnungen. Manchmal wird per Briefkasten bezahlt, manchmal Bar und andere auf PayPal oder Banküberweisung.
Muss ich für die Steuererklärung jeweils eine schriftliche Rechnung bereit halten? Oder kann man das auch anders regeln? Oder gilt der Nachweis des Geldeinganges ?
Beste Grüße
Katja Thomma
Michael Brütsch Milchbüechli.ch meint
Grüezi Frau Thomma,
Der Steuererklärung legen Sie normalerweise nur den Jahresabschluss bei. Erst bei Rückfragen müssen Sie allenfalls bestimmte Belege nachreichen.
Aber ja, ein Grundsatz der Buchhaltung: Keine Buchung ohne Beleg. Das heisst, Sie brauchen eine Rechnung oder Quittung als Beleg, für welche Leistung Sie das Bargeld oder Banküberweisung erhalten haben. Ich habe jetzt gerade einen Artikel zum Thema Beleg/Rechnung/Quittung hier veröffentlicht: https://milchbueechli.ch/beleg-rechnung-quittung/
Vielleicht hilft das ja 🙂
Und noch ein Hinweis: Falls Sie “regelmässigen Barverkehr” haben, müssen Sie allenfalls ein Kassenbuch führen: https://milchbueechli.ch/kassenbuch-fuehren/
Beste Grüsse,
Michael Brütsch